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Routenbeschreibung
Lenzer Horn (2905m)

Via Giachen e Gian (Gesamtüberschreitung ab Arosa)

Zu dritt inklusive Lokführer fahre ich um 5.15 Uhr mit der neuen Allegra -Holper-Kombination von Chur nach Arosa. Um 6.15 fülle ich am Bahnhofbrunnen nochmal meinen Tank und laufe hinunter zur Brücke beim Müliboden, einem sehr schönen Teil von Arosa. Via Fahrstrasse gelange ich zum Sender und in Wegspuren zur kühnen Hütte auf ca. 1960m. Zuerst in splittrigem Dolomit durch die linke Runse wühlend und anschliessend durch etwa 100m Legföhrendschungel mich schlagend gelange ich auf den in allen Farben blühenden Schafrügg, der eigentlichen „Einlaufstrecke“. Zügig gelange ich zur Mittagslücke und über einfache Felsplatten über P. 2491 in die Scharte vor dem Schaftällihorn. Im Nachhinein betrachtet weiche ich zu stark in die linke Flanke, statt möglichst dem Grat entlang an Höhe zu gewinnen. Ich bin mir den grimmigen Blick dieser abweisenden Felszacken noch nicht gewohnt, daher diese Umwege. Der Gipfel hat nicht mal ein Kreuz, geschweige denn ein Buch. Dafür binde ich dem Steinmännchen die unterwegs gefundene Skisturmbrille um. Der Abstieg gestaltet sich als wenig schwierig, dafür umso brüchiger. Mittlerweilen hat Man(n) begriffen: Immer hart an der Kante bleiben, hier ist der Fels am stabilsten. Mit dieser gewonnenen Erkenntnis lässt sich auch das äusserst abweisend wirkende Älpliseehorn leicht einnehmen. Falls einem der vielen Gendarmen ausgewichen werden muss, kann man beide Seiten wählen, oft ist sogar die linke, schattige die bessere Variante. Verhauer gibt es keine, weil stets beide Wege machbar sind. Den schönsten Abschnitt finde ich die Überschreitung des Gamschtälihorns. Hier findet man auf der Südostseite wunderschöne Dolomitplatten, in unglaublich kompakter Qualität. Das Gipfelbuch besteht aus einer löchrigen Schachtel mit einer einzigen Seite in einem Plastiksack. Da auf dieser einen Seite alle Einträge seit Juni 2010 stehen, könnte der Spender einer weiteren leeren Seite die Einträge bis ins 2016 sicherstellen. Ein letzter Leckerbissen für Kletterroutenfinder bietet noch der zerklüftete Verbindungsgrat zum Erzhorn. Nach gut vier Stunden stehe ich am Gipfelkreuz und trage mich ins Buch ein.

Bilanz bis hier: WS, T5 mit kurzen II-erstellen. Kaum ausgesetzt, aber unglaublich abweisender Anblick und brüchige Angelegenheit. Einmal mehr nicht für Plaisirkletterer und Absicherungsfanatiker.

Der Abstieg vom Erzhorn ist geradezu erholsam, ebenso der Aufstieg aufs Aroser Rothorn, wenn auch die Beine nicht mehr so rund laufen (Dotore Ferrari wäre für Doping gefragt…). Kurz unter dem Gipfel spendet ein Schneefeld das dringend benötigte „Trink“-Wasser. Besser als nichts – und es wirkt Wunder. Im Laufschritt geht’s abwärts in die Lücke nach 2807 gegen den Pizza Naira. Laufschritt? Ja, müssen macht können, denn mittlerweile sind die buchelischen Cumulischönwetterwölkli gefährlich dunkel und hoch mutiert. Den Pizza Naira darf man nicht unterschätzen, der lässt sich nicht einfach so „schlucken“. Weiterhin konzentriert geht es über ein „Chachla-Gstell“ auf den Gipfel und ebenso fein, nur diesmal in Gneis mit wunderschöner Flora hinunter zum Culmet, dem Fürggli mit der Kote 2615. Mein Zeitplan kommt ins Straucheln: Auch den nächsten „Hoger“ P. 2707 ist keineswegs laufschritttauglich. Oben angekommen wird man mit einer wunderschönen beinahe flachen Grasebene mit unzähligen Munggenlöchern belohnt. Ein ideales Gelände für alpines Golfspiel. Um den P. 2996, ein Vorgipfel des Piz Mosch, zu überlisten, quere ich zuerst einem von P. 2624 nach Osten um den Berg führenden Schafpfad und erklimme den Gipfel über den SE-Grat. Nun steht das Finale bevor, der Übergang zum Lenzerhorn. An wunder schönen Hauswurzen vorbei und über gneisliebende Alpenleinpölsterli nehme ich P. 2797 ins Visier. Doch je näher ich komme, desto brüchiger sieht dieser Zacken aus. Weil jedoch auch Giachen und Gian diesen Zacken links umgangen haben – ihre Spuren zeugen davon – schwächle ich ebenfalls, den Experimente verträgt mein Projekt nicht mehr, die Cumuli sind mittlerweile geladen. Dass der Entscheid wohl richtig war, zeigt die gute Zeit, 30 Minuten ab Piz Mosch bis aufs Lenzerhorn, ohne Verhauer. Zur Begrüssung am Gipfelkreuz beginnt es nun tatsächlich zu graupeln, obwohl es ausser meiner persönlichen Cumuli sonst nirgends stark aufbaut. Dann wird eben auch diese Rast gestrichen und den blau-weissen Markierungen folgend so rasch als möglich Höhe vernichtet. Etwa in der Hälfte des Abstieges überhole ich die ersten Touristen, die ebenfalls das Weite suchen, nur eben in Turnschuhen. Kurz vor der Alp Sanaspans ist der Spuk vorüber: Die Sonne scheint, als hätte sie die ganze Zeit über nichts anderes getan. Als weiteren Abstieg wähle ich die linksseitige Abkürzung gerade hinunter nach Lenzerheide, wo ich dem Postauto gerade noch nachwinken kann. Nach 8 ¾ Stunden gönne ich mir beim Postautoterminal die erste Rast und freue mich über das gelungene Abenteuer.

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Letzte Änderung: 22.07.2013, 18:24Alle Versionen vergleichenAufrufe: 4477 mal angezeigt

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Wanderung

T 5

2000 hm

9.0 h

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