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Gross Schibe

2937m

Gipfel
Gross Schibe
Grossi Schiben
2937 m
CH - Glarus - St. Gallen
738155 | 198915
46:55:37:N | 9:15:10:E
46.9269 | 9.25278
Die Gross Schibe bildet in Form einer stumpfen Pyramide den nördlichen Abschluss des Sardonamassivs.
Am höchsten Punkt findet sich ein kleines Metallkreuz wie auch ein Gipfelbuch.

Aufbau:
Die Gross Schibe weist zwei ausgeprägte Grate auf.
Der über zwei Kilometer lange, brüchige und stellenweise sehr steile Nordgrat knickt beim Punkt 2557 im Weralper Grat nach Westen und endet beim Foopass (2223 m).
Der weniger steile und nur im Gipfelbereich wirklich felsige Ostgrat endet nach einem guten Kilometer im Älplijoch (2556 m).
Die Verbindung zum Piz Sardona (3056 m) endet in Form einer kurzen Flanke beim Unteren Schibenjoch (ca. 2850 m).
Die aus dem Glarnerland ersichtliche, bis 1000 m hohe Westflanke ist zerrissen und lose. Sie endet in der Chli Chalberweid der Alp Ramin und wird von mehreren Runsen durchzogen.
Aus dem hintersten Weisstannental zeigt sich der Gipfel von seiner imposantesten Seite. Die breite gebaute und bis 750 m hohe Nordostflanke dominiert hier die Weiden der Alp Foo.
Die Richtung Calfeisental verlaufende Südostflanke ist felsig und relativ kurz. Darunter sind im Kessel zwischen der Gross Schibe und dem Piz Sardona die kläglichen Reste des Chli Gletschers eingelagert.

Gestein:
Die Basis besteht aus Wildflysch, am eigentlichen Gipfelkopf ist der zeitlich jüngere Verrucano gut erkennbar überschoben.

Normalweg:
Vom Älplijoch über den Ostgrat.

Erste dokumentierte Besteigung:
8.8.1884 - Topograph S.Simon mit Tischhauser, von der Alp Foo her über die Nordostflanke mit anschliessendem Abstieg durch die Südflanke zum Unteren Schibejoch.
Der Gipfel wurde aber bereits seit alters her von Jägern bestiegen.

Panorama:
Der Gipfel bietet trotz der Nähe zum höheren Piz Sardona schöne und weitreichende Ausblicke.
Im Norden zeigen sich in idealem Bild die Appenzeller Alpen. Ostwärts weitet sich die Fernsicht bis in die Lechtaler, Stubaier und Ötztaler Alpen.
Zwischen Silvretta und Albulaalpen zeigt sich dann das imposante Ringelgebirge.
Es folgen die Berninaalpen, dann sperren die höheren Gipfel Trinserhorn (Piz Dolf, 3028 m) und Piz Sardona (3056 m) die Weitsicht.
Gegen Westen folgen die zentralen Glarner und Urner Alpen, mit einigen Viertausendern der Walliser Alpen linkerhand.
Der Gipfelreigen der nordöstlichen Glarner Alpen beschliesst die Rundsicht.

Namensgebung:
Friedrich Wilhelm Sprecher (1871 - 1943), Lehrer und Bergsteiger aus Vättis sowie wohl der bestausgewiesenste Kenner der Berge um die Tamina, hat 1914 als Vorbereitung für die Erstausgabe des von ihm verfassten SAC-Führers eine Dissertation über die Ortsnamen des Taminagebiets erstellt.
Dieses interessante und auch heute noch überaus lesenswerte Werk kann unter dem Link http://download.burgenverein-untervaz.ch/downloads/dorfgeschichte/1914-Die%20Ortsnamen%20des%20Taminagebietes.pdf auf der Webseite des Untervazer Burgenvereins abgerufen werden.
Daraus entnommen nachfolgend gestrafft und bereinigt die Fakten zur Entstehung und Herkunft des Ortsnamens Scheibe.

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1760 treten bei Gruner die Namen 'Grosse Scheibe' und 'Kleine Scheibe' auf, mit denen Gruner ohne Zweifel einerseits den ganzen Gebirgsstock zwischen der kleinen Scheibe (heutige Gross Schibe, 2937 m) und dem Segnespass, anderseits den Punkt 2922 (heutige Messung 2937 m) des topogr. Atlas meint.
Literatur: 1760 - Gruner, Gottl. Sig., Die Eisgebirge des Schweizerlandes.

Salis erwähnt den Namen 'der Scheiben (zwischen Flims und dem Tamina-Ursprung), wo der Sardona Gletscher ist', ebenso Ebel (in Text und Karte), Lutz und Hirzel-Escher.
Literatur: 1385 - Lehenbrief von Fusüns. Abgedruckt (bei Salis II. Teil). 1805-1812.
Literatur: 1809 - Ebel, J. G., Anleitung, die Schweiz zu bereisen. III. Aufl.
Literatur: 1827 - Lutz, M., Vollständige Beschreibung des Schweizerlandes. Aarau.
Literatur: 1829 - Hirzel-Escher, Wanderungen in wenig besuchte Alpengegenden der Schweiz. Zürich.

Klar ist die Darstellung 1836 in der Beschreibung des Bezirks Sargans, wo es heisst: 'Dieser Eckstein, auf dessen Scheitel die Kantone Glarus, Graubünden und St. Gallen zusammentreffen, ist die Scheibe' - und weiter: 'die Scheibe ist ein Zentralpunkt, von ihr gehen nach drei Seiten Bergreihen aus. Die erste über Ringel und Calanda, die zweite zu den Grauen Hörnern und Wangsersee, die dritte zum Spitzmeilen und Mürtschenstock.'
Literatur: 1836 - Der Kt. St. Gallen (Bezirk Werdenberg u. Sargans) geogr. statist. geschildert. St. Gallen.

In demselben Sinne äussern sich Röder und Tscharner, Meyer von Knonau und ein ganze Reihe anderer Autoren, darunter der Erstersteiger des Berges, Sand-Franck.
Literatur: 1827 - Lutz, M., Vollständige Beschreibung des Schweizerlandes. Aarau.
Literatur: 1829 - Hirzel-Escher, Wanderungen in wenig besuchte Alpengegenden der Schweiz. Zürich.
Literatur: 1838 - Röder und Tscharner, Der Kt. Graubünden, historisch, geographisch und statistisch geschildert. St. Gallen.
Literatur: 1838 - Keller, Ferd., Das Panorama von Zürich. Zürich.
Literatur: 1838 - Meyer von Knonau, Erdkunde der schweiz. Eidgenossenschaft.
Literatur: 1860 - Tschudi, J. v., Schweizerführer. Zürich.
Literatur: 1861 - Sand-Franck, G., Hinterlassene Schriften. (Scheibe-Saurenstock-Piz Segnes.) St. Gallen.
Literatur: 1864 - Tschudi, Fr., Bericht über die Sektionstour St.Gallen auf den Brändlisberg vom 14.-16. Aug. 1864. St. Gallen.

Reallehrer Flav. Kaiser schreibt trotz den irrigen Bezeichnungen der damaligen Karten noch 1880 über die Aussicht von St. Martin: 'Beim Kirchlikopf (Ankaba) dicht neben der Kapelle hat man die mächtige Scheibe, weit und breit mit ewigem Schnee bedeckt, den höchsten Gebirgsstock unseres Kantons, den Grenzstein zwischen demselben und Graubünden.'
Literatur: 1880 - Kaiser, Fl., Ragaz-Pfäfers und ihr Exkursionsgebiet. II. Aufl. Ragaz.

Aus all diesen Ausführungen müssen wir schliessen, dass mit dem Namen 'Scheibe' ursprünglich der ganze Gebirgsstock, auf dem der obere Sardonagletscher ruht, gemeint ist.
Andere Autoren wie Coaz, Mohr, Dr. Kaiser, Eggenberger u. a. haben die vordere, nordöstliche Erhebung des ganzen Gebirgsstockes oder P. 3054 (heutiger Piz Sardona) mit diesem Namen bezeichnet.
Literatur: 1863 - Coaz, J., Exkursion nach der Ringelspitze. Jahresbericht der naturforschenden Gesellschaft Graubünden. Chur.
Literatur: 1869 - Kaiser, Dr. J. Fr., Die Therme von Ragaz-Pfäfers. St. Gallen.
Literatur: 1872 - Mohr, Conr. v., Noten zu Sererhard, N., Einfalte Delineation. Chur.
Literatur: 1878 - Eggenberger, O., Exkursion der Sektion "Alvier" auf die Grauen Hörner. Neue Alpenpost VIII. Nr. 12.
Literatur: 1878 - Lorenz, Dr., Eine Exkursion auf den Flimserstein. Neue Alpenpost X. Nr. 1 ff.

Wie man sieht, ist der Name 'Scheibe' als Bezeichnung des Gebirgsstockes auf der Grenze der drei Kantone Glarus, St. Gallen und Graubünden auf der Seite der letztern beiden bis zum Erscheinen der neueren Karten die Regel.
Diese Karten rückten dann den Namen 'Scheibe', indem sie dessen Gebiet noch weiter beschnitten, auf den Gipfel Punkt 2922 (heutige Gross Schibe, 2937 m) hinüber, während die bisherige 'Scheibe' (von Gruner und den Anwohnern im Tamina- und Weisstannentale 'Grosse Scheibe' genannt) mit dem in der Literatur ganz neuen Namen 'Saurenstock' belegt wurde.
Literatur: 1845 - Topographische Karte (Dufourkarte) der Schweiz.
Literatur: 1846 - Ziegler-Eschmann, Karte des Kt. St. Gallen.
Literatur: 1870 - Topograph. Atlas der Schweiz, genannt Siegfriedkarte.

Heer, Blumer und Arnold Escher v. d. Linth äussern sich in ihrem ganz ausgezeichneten Büchlein 1846 folgendermassen (A. Escher). 'Ganz nahe nordwestlich von diesem Punkte (dem Martinslochpass) erhebt er (der Gebirgskamm) sich wieder im Sauren (Sardonen, Scheibe) zu einer breiten, von Gletschern bedeckten, gegen Norden und Westen schroff abfallenden Bergfeste. Ein Nebenzweig aber löst sich vom nördlichsten Felsabsatze der Wand des Sauren (speziell Scheibe genannt) ab.'
Heer schreibt: 'Suren (Sardonen) 9500 Fuss' und 'Sardonen (Suren), hoher vergletscherter Gebirgsrücken. Neben dem nordöstlichen Ende (des Sardonen) erheben sich ein paar kleine Gebirgszacken, die Einsattlung zwischen denselben nennt man in Elm die Scheibe, während andere diesen Namen auf den ganzen Sardonen ausgedehnt haben.'
Auf der dem Büchlein beigegebenen Karte ist auch der ganze Gebirgsstock zwischen Segnespass und Scheibe als 'Sardona' benannt.
Literatur: 1846 - Heer, O., und Blumer, Der Kt. Glarus, histor. geogr. statist. geschildert. St. Gallen.

Das gleiche sagt eine Stelle in der Schrift über die Mineralquelle Pfäfers 1861 'Der Sardona, denn so nennen die Angehörigen dieses Gaues (Tamina- und Weisstannental) den Glarner Saurenstock, trägt eine schneeweisse Calotte.'
Literatur: 1861 - Die Mineralquelle zu Pfäfers. Neujahrsblatt d. naturforsch. Gesellschaft v. Zürich. 1861

Betrachten wir die örtlichen Verhältnisse in natura, dann verstehen wir, wie ein Widerspruch in den ohne Zweifel zuerst von den Jägern aufgestellten Scheibenbenennungen auf der St. Galler- und Glarnerseite des Gebirges entstehen konnte. Denn auf der St.Gallerseite erkennen wir oberhalb des 'kleinen Gletschers' drei Scheiben: links (südlich) unsere alte, breitflächige 'grosse Scheibe' (P. 3054 m, heutiger Piz Sardona), in der Mitte den niedrigeren schmaleren Zacken, unsere 'mittlere Scheibe' (heute Hintere Scheibe, 2938 m), und zu äusserst rechts (nördlich) die bei unsern Jägern ebenfalls altbekannte 'kleine Scheibe' (P. 2922 - heutige Gross Schibe, 2937 m).
Auf der Elmer Seite des Gebirges aber erscheint unsere bisherige 'grosse Scheibe' (heutiger Piz Sardona) gar nicht als Scheibe, sondern als breite, gegen den Segnespass sich hinziehende Felswand, wofür die Elmer heute noch den Sammelnamen 'Sauren' oder 'Suren' neben 'Sardona' gebrauchen.
Als Scheibe erscheint hier bloss der Gipfel P. 2922 (heutige Gross Schibe, 2937 m).
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Die Unklarheiten zeigen sich auch in den Schweizer Landkarten.
Auf der Dufourkarte von 1862 wird die heutige Gross Schibe erstmals als 'Scheibe' mit einer Höhe von 2922 m geführt.
In der Siegfriedkarte von 1874 erfolgt entgegen der lokal verankerten Ortsnamen die Umbenennung in 'Grosse Scheibe'. 1918 wird im Zuge einer Neuvermessung eine Höhe von 2944 m errechnet.
Im Jahre 1960 wird der Gipfel in der LKS wieder umbenannt, diesmal in 'Gross Schiben'. Zugleich wird die Höhe neu mit 2937 m angegeben. 1990 wird die Bezeichnung nochmals abgeändert, diesmal in 'Grossi Schiben'.
Auch die SAC-Führerwerke zeigen ein ähnlich uneinheitliches Bild. Die Erstausgabe des von Friedrich Wilhelm Sprecher verfassten Gebietsführers aus dem Jahre 1916 führt den Gipfel als 'Grosse Scheibe' mit einer Höhe von 2922 m. Er weist aber darauf hin, dass der Gipfel eigentlich 'Kleine Scheibe' genannt werden müsste, da die Bezeichnung 'Grosse Scheibe' dem Piz Sardona zusteht.
Die Zweitausgabe des Jahres 1925 benennt den Gipfel dann korrekt unter dem lokal verankerten Namen 'Kleine Scheibe' und einer Höhe von 2944 m.
In der dritten Auflage aus dem Jahre 1958 wird der Gipfel als 'Gross Schibe' mit einer Höhe von 2937 m aufgeführt - wohl als nicht mehr zu korrigierendes Zugeständnis an die seit Jahrzehnten vorhandene Fehlbenennung auf den Landeskarten.
In der 1988 erschienenen vierten Auflage wird der Gipfel dann als 'Gross Schiben' bezeichnet.
Und da man ja die Bezeichnung 'Chli Schiben' auch noch irgendwo unterbringen musste, wurde dazu der an und für sich völlig bedeutungslose Punkt 2654 im Nordgrat der Gross Schibe herangezogen ...

Richtigstellung Gipfelnamen:
Es gilt abschliessend auch festzuhalten, dass die seit 1990 verwendete Schreibweise 'Grossi Schiben' der Karten und Führerwerke weder im Weisstannental, wo der Gipfel dominiert, noch im Calfeisen- oder Taminatal, wo die Bezeichnung wohl ihren Ursprung hat, der lokalen Aussprache entspricht.
Die Bezeichnung 'Grossi Schiben' für diesen Gipfel ist aus Gründen der Entstehung und Herkunft abzulehnen und sollte wieder auf die ursprüngliche Fassung 'Gross Schibe' oder besser noch auf die von der lokalen Bevölkerung verwendete Kurzform 'Schibä' richtiggestellt werden.
Die Bezeichnung 'Chli Schiben' für Punkt 2654 ist an der heutigen Stelle absolut fehl am Platz, representiert auch keinen Gipfel und sollte deshalb konsequenterweise einmal gänzlich aus allen Karten und Führerwerken verbannt werden.

Eigenständigkeit des Gipfels - Prominenz: 89 m
Bezugsscharte: Unteres Schibejoch (2848 m)
Prominence master: Hinter Schibe (2938 m)
Definition: Meter über dem tiefsten Punkt zur nächsthöheren Erhebung.

Eigenständigkeit des Gipfels - Dominanz: 0.22 km
Dominance master: Hinter Schibe (2938 m)
Definition: Abstand zum nächstgelegenen, gleich hohen Punkt am Fuss oder Hang eines höheren Berges.

Jagdbanngebiet Graue Hörner:
Die Gebiete östlich und südlich der Seez sowie nördlich der Tamina liegen im wildreichen Eidgenössischen Jagdbanngebiet Graue Hörner, wobei der Älplichopf (2641 m) die westliche Grenze bildet.
Mit dem Beginn des Einwinterns sollte aus Rücksicht auf die hier überwinternden Tierbestände bis zum Zeitpunkt der Schneeschmelze im Frühsommer jegliche Tourenaktivität vor allem aus Richtung des Calfeisentals unterbleiben.
Detaillierte Informationen zu bestehenden Einschränkungen sind unter folgender Webseite abrufbar: http://www.wildruhezonen.ch
Auch in der restlichen Jahreszeit sollte es eigentlich selbstverständlich sein, sich am Berg derart zu verhalten, dass die Tierwelt möglichst wenig gestört wird.
Letzte Änderung: 01.01.2018, 20:38Alle Versionen vergleichenAufrufe: 16416 mal angezeigt

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