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KlettersteigAusgezeichneter Eintrag
SektionKangtschengtsönga
Unterwegs mit: Sektion Kangtschentsönga
2 Personen
max. 5 Personen
auf gleicher Route
Hauptziel erreicht
schlecht
Was tut der Allgäuer Bergsteiger, der im Januar mit den Hufen in den Skischuhen scharrt, wenn partout keine Skitour geht, weil halt einfach überall zu wenig Schnee liegt? Er kommt auf die dumme Idee, den Klettersteig auf die Kellespitze zu machen. Das Wetter ist annehmbar gemeldet, gut, Eintrübung am Nachmittag, aber da sind wir ja längst wieder über alle Berge, weil uns die Strahlungswärme am Vormittag schon lange auf den Gipfel gehoben hat, der Abstieg durch die Gipfelschlucht ist dann nur noch Formsache.

Eigentlich wollten wir ja was größeres machen, vielleicht in der Schweiz oder in der Silvretta mit Zustieg, Winterraumübernachtung und Gipfelglück am nächsten Tag bei blauem Himmel und Sonnenschein, dann bei Kanada- Powder 2000 Höhenmeter ins Tal schweben, aber wie so oft bei Bergtouren überschneiden sich Wunsch und Wirklichkeit nur peripher. Egal, man soll ja auch nicht mehr so weit mit dem Auto fahren, Ressourcen und Energie sparen, verantwortlich für unsere Kinder handeln, man hat ja schon genügend CO2 produziert im Leben.
Deswegen Kellespitze Klettersteig im Januar.

Der Zustieg war schon mal erste Sahne. Als wir auf dem bequemen Bergpfad nach einem idyllischen Hüttchen nach links ums Eck biegen, tut sich vor uns ein Blick wie auf den Fitz Roy auf, sind wir jetzt in Patagonien? Aber klar, das ist ja nur der Babylonische Turm, der von der Morgensonne orange beleuchtet wird. Jetzt ist es nicht mehr weit zum Einstieg an einem Pfeiler an der Südwand der Kellespitze. Was unter dem Gurt anziehen? Nur im Fleece gehen oder doch die Funktionsjacke drüber? Letzteres war die bessere Idee, denn kaum starten wir den senkrechten Anfangsteil des Klettersteigs in die Höhe, pfeift eine unangenehme Brise um die Ohren. Der Klettersteig ist wegen seiner vielen senkrechten und überhängenden Stellen ganz schön anstrengend und nach dem ersten längeren Absatz sehen wir, wie der Himmel zuzieht. Das Stahlseil ist eisig kalt, aber wer läßt es schon gerne los, wenn er an einem überhängenden Fünfmeteraufschwung mit hundert Meter Luft unter den Füssen die Sicherungskarabiner von einer Länge zur anderen umhängen muß. Ich bin vor Jahren einmal diesen Klettersteig im Sommer gegangen und hatte keine Sicherung dabei. Wäre heute eine schlechte Idee gewesen! Und wie kommt man eigentlich auf die Idee, dass im Januar kein Schnee liegt? Hier lag überall Schnee zwischen den Felsen, was den Aufstieg nicht trockener und wärmer machte.

Nach eineinhalb Stunden waren wir endlich auf dem Gipfel, ein 300-Höhenmeter-Klettersteig ist doch kein Pappenstiel. Am Gipfelkreuz stürmte es, dass es eine Freude war. Statt Gipfelbrotzeit den Pickel rausgeholt und weiter. Heute gibt es hier nichts mehr zu gewinnen. Ein erster Blick nach Norden hinunter in die Gipfelschlucht und unser Lachen erstarrte im eisigen Wind. Das sah nicht gut aus. Im Grunde das zweite Fitz Roy-Erlebnis dieses Tages. Allerdings diesmal Fitz Roy im Abstieg bei schlechtem Wetter. Nur dass wir keine Seile dabeihatten, und keine Steigeisen, und keine Eisgeräte. Würde man den Aufstieg mit ANSTRENGUNG überschreiben, so könnte man den Abstieg mit ANGST betiteln. Die Gipfelschlucht an schneebedeckten Felsen steil hinunter war nervlich noch einigermaßen erträglich, aber was dann kam, war eigentlich so nicht geplant, als wir heute morgen auf dem Parkplatz von Nesselwängle aus dem Auto stiegen. Wer das Gelände von der Gipfelschlucht bis zur Nesselwängler Scharte kennt, weiß, hier stürzt man schon im Sommer nur einmal, aber jetzt? Stürzen war einfach nicht erlaubt, selbst wenn man so nahe dran war. Zwischen den steilen Schneerinnen, die immerhin ganz guten Trittschnee aufwiesen, waren am übelsten die vereisten und abschüssigen Felsen, die sich zu kleinen Graten aufsteilten. Nach einer Stunde erreichten wir vermutlich mit mehr Glück als Verstand die Nesselwängler Scharte.
Die Verhältnisse bleiben so, deswegen der Rat, falls jemand auf die dumme Idee kommt, diese Tour in den nächsten Tagen zu wiederholen, unbedingt Steigeisen und ein zweites Eisgerät mitnehmen. Seil ist zwecklos, da keinerlei Fixpunkte.
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Letzte Änderung: 04.01.2023, 21:16Aufrufe: 1296 mal angezeigt

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