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Verhältnisse vom 22.01.2010

Chile: Ojos del Salado (Höchster Vulkan der Welt, 6893) (6893m): Oberes Lager - Gipfel - Unteres Lager

Wanderung
2 Personen
Hauptziel nicht erreicht, umgekehrt auf 6800m
super, Wind und Wolken am Nachmittag
Verhältnis Bilder

Routeninformationen

Chile: Ojos del Salado (Höchster Vulkan der Welt, 6893) (6893m)

Oberes Lager - Gipfel - Unteres Lager
Der Ojos del Salado ist der höchste Berg Chiles, der höchste Vulkan der Welt und der zweithöchste Gipfel ausserhalb Asiens. Er ist wesentlich unbekannter als der nahe Aconcagua (Argentinien), da dieser noch mal 80m höher und damit der höchste Berg Amerikas ist.
Der Ojos hat jedoch eine Reihe von Vorteilen: Allem voran der wesentlich geringere Rummel. So waren wir in der Hochsaison dort und sind lediglich zu sechst aufgestiegen - und nur zwei haben es bis zum Krater geschafft.

Einen ausführlichen Bericht mit vielen Bildern gibt es hier als PDF (10MB):
http://testmanager.info/writes/Ojos%20del%20Salado.pdf



Vorbereitung
Da der Ojos knapp 7000m hoch ist und eine Nacht auf 5800m verbracht wird, gilt es sich ausreichend zu akklimatisieren. Das ist das A und O und wird dennoch auch von erfahrenen Berggängern immer wieder unterschätzt, wie sich auch bei unserer Tour gezeigt hat. Wie lange man dafür benötigt ist sicherlich eine individuelle Sache, zwei Wochen sollten es aber schon sein. Es gibt in Chile mehrere Anbieter, die den Ojos in 8 Tagen anbieten, das halte ich für unseriös (es sei denn man kommt aus Bolivien und ist schon vorakklimatisiert).
In der Vorbereitung sollten schon mehrere hohe Vulkane gemacht werden, auch um sich an das Gehen in Schutter und Sand zu gewöhnen, den Wind einzuschätzen, das langsamere Tempo zu finden, etc. Wir haben 3x5000, 5400, 5500, 6000 gemacht und fast 3 Wochen lang zwischen 2500 und 5200m geschlafen (siehe meine anderen Beschreibungen auf Gipfelbuch.ch für Beispiel-Touren). Ich war entsprechend ausreichend akklimatisiert und habe ich bis 6500 recht "wohl gefühlt".

Tempo
Grosse Einschränkung in der Höhe ist der Puls. Je besser die Grundkondition, desto höher kann auch das Tempo in der Höhe sein. Dies ist noch wichtiger, als in den Alpen, da man _sehr_ langsam unterwegs ist. Mein normales Alpentempo ist 9-10 Höhenmeter/Minute. Da fühle ich mich wohl und kann durch die Nase atmen. In der Höhe (und zwar durch die steigende Gewöhnung auf allen Stufen) musste ich auf 4-5m runter gehen. 7 waren kurzfristig drin, da wurde mir dann aber schnell schwarz vor Augen :-). Die meisten schaffen jedoch nur 2-3m. Das heisst, wir brauchten 3x so lange wie normalerweise für z.B. 1400 Höhenmeter 7 Stunden. Das ist eine lange Zeit, in der z.B. das Wetter umschlagen kann, man muss entsprechend früher starten, etc.
Am Ojos hat man nur begrenzt Zeit. Ab Mittag nimmt der Wind stark zu und am Nachmittag ist bei uns immer schlechtes Wetter aufgezogen. Entsprechend starten viele Gruppen zwischen 02-05 am Morgen. Das heisst mehrere Stunden in Dunkeln bei tiefen Minustemperaturen unterwegs zu sein, mit all den damit verbundenen Problemen.
Fazit: Es lohnt sich, frühzeitig eine gute Kondition aufzubauen...

Anreise
Wir sind in Lima gestartet und von dort mit dem Bus (30 Std.) nach Arrica in Nordchile. Weiter mit dem Bus nach Putre (3500m) und in den Lauca Nationalpark (4300m). In Putre haben wir 4 Nächte in der Mountain Lodge Chakana verbracht. Der Besitzer kommt aus Bremen und ist super nett und hilfsbereit. Ausserdem gibts das vielleicht bester Frühstück Chiles (das lernt man in Chile wirklich zu schätzen...). Sehr empfehlenswert.
Der Lauca Nationalpark ist unglaublich schön und voller Tiere. Auch hat es genügend Berge/Vulkane in verschiedenen Anforderungsgraden. Damit ist der Park ideal zum eingewöhnen. Sehr schön wäre es sicherlich auch dort ein paar Tage mit Velo und Zelt unterwegs zu sein....

Weiterfahrt nach San Pedro de Atacama mit dem Auto dursch Altiplano entlang der Grenze zu Bolivien. Die Strassen sind meist schlecht und mit der 1:1Mio Karte nicht einfach zu finden. Dafür hat man aber 1200km Altiplano.... 1 Nacht im Zelt im Nichts auf 3900m, 1 Nacht am Tatio Geysir (4300m, am A Abend viel schöner als am Morgen, da man keine Touristenströme hat).
San Pedro ist ein reines Touristen-Nest und aus meiner Sicht gar nicht zu empfehlen. Die Preise sind mit denen in der Schweiz vergleichbar (Wasser im Hotel 3-5 CH), das Dorf besteht quasi nur aus Hotels, Restaurants und Touranbietern. Schön ist aber die Umgebung und zwar nicht die üblichen Touristen Highlights, die wir eher enttäuschend fanden. Das vielleicht schönste Erlebnis überhaupt hatten wir an der Laguna Miscanti, wo wir zwei Nächte auf 4300m gezeltet haben. An einem herrlichen, blauen See, umgeben von 6000m hohen Vulkanen und das mitten in der Wüste. Das muss man sich vorstellen: Man ist tagelang in der trockensten Region der Welt unterwegs und dann tauchen da plötzlich diese beiden Seen vor einem auf (man kommt auch noch von oben drauf zu gefahren). Unglaublich :-)

Von San Pedro sind wir mit dem Nachtbus nach Copiapo, wo wir ein Auto gemietet hatten. Einkaufen, Permit bei Aventourismo besorgen (160$ pro Person, der Max war dafür aber sehr freundlich und hilfsbereit), am frühen Nachmittag dann endlich raus in die Wildnis.
Von Copapio sind es 270km bis zur Laguna Verde (4200m), es hat nichts dazwischen, ausser einem Polizeiposten (Permit vorzeigen). Entsprechend muss man ALLES mitnehmen, vor allem genügend Sprit (wir haben 70l verbraucht) um auch wieder zurück zu kommen. In der Höhe verbraucht man doch recht...

Die meisten zelten an der Laguna Verde, wir haben aber 2 Nächte im Refugio an der Abfahrt zum Ojos (4500m) verbracht (20L Kanister Wasser für WC Spülung mitnehmen). Wir hatten Glück, so konnten wir die stürmischte Nacht der ganzen Tour unter einem festen Dach verbringen...
Hier haben wir als Generalprobe auch unseren ersten 6000er gemacht (Cerros de Barranca Blancha), der direkt hinter dem Refugio startet. Eine sehr schöne, einfache, aber lange Tour (1400 Höhenmeter, je nachdem wie hoch man mit dem Auto kommt).

Die Anfahrt zum Ojos sind noch mal gute 20km. Gut ausgeschildert und relativ guter Weg. Wir sind dennoch im Sand stecken geblieben.
Ausgegraben.
Wieder stecken geblieben.
Ausgegraben.
Dann haben wir erstmal gewartet und gestritten, ob wir hoch laufen sollen (noch 14km) oder aufgeben. Zum Glück kamen zufällig die beiden Polizisten von der Laguna Verde vorbei. Der Cop war super freundlich und hat unser Auto dann durch die Sandstrecke gefahren (Ninguna Problema), was er super cool fand.
Wir auch.
Laufen mit allem Proviant hätten wir nie geschafft....

Basislager
Das Basislager ist auf 5200m. Es hat zwei grosse Gemeinschaftszelte, wo man zur Not auch drin schlafen kann. Diverse Steinmauern markieren vorbereitete Zeltplätze. Es hat ein Plumsklo. Dieses wird leider nur für die grossen Geschäfte benutzt, die Männer sind leider meist zu faul weit zu gehen und so ist die Hygiene vor Ort etwas zweifelhaft (Zeltplatz nahe an Gemeinschaftszelten suchen, dort ist weniger WC) :-(
Wir hatten das Orion Exped Extreme Zelt vom Bächli dabei. Der Aufbau ist aufgrund der zu engen Kanäle für die Stangen sehr mühsam. Es flattert im Wind sehr laut, hat aber gut gehalten und ein super schön grosses Innenzelt (bzw. zwei grosse Vorräume). Kalt wars darin aber auch :-) Der Boden ist weicher Sand, man braucht also Sandheringe (Baumarkt Copapio) oder muss die Leinen mit Steinen umwickeln.
Die Temperaturen können auch in der Hochsaison recht weit absinken (wir hatten bis -10 Grad und damit Glück). Nachts hat es meist keinen Wind, wenn doch, dann aber richtig. Nachmittags ist es IMMER windig. Wir hatten Schlafsäcke vom gleichen Hersteller, die wir zusammen machen konnten, so kann ER SIE wärmen .-) Ausserdem noch eine Decke für 5CH aus dem Baumarkt in Copaio zum drüber legen (beste Investition des Urlaubs), damit sind wir gut gefahren (zwei Pullover und Mütze an).
Schon noch speziell, morgens aufzuwachen und Schnee IM Zelt zu haben :-) Vom Atem kondensiert Flüssigkeit an der Zeltwand und wenn man sich bewegt, dann landet dieser auf der Mütze...

Lager Tejos (5800m)
Wir haben uns nach der 6000er Tour so gut gefühlt und es war gerade so wenig los, dass wir uns beschlossen haben, nach nur einer Nacht im Basislager aufzusteigen. Meist werden 2-3 Nächte dort verbracht und an einem Tag nur Gepäck hoch gebracht.
Die 600m zum Tejos haben es in sich (2.5 -3 Stunden), da man Schlafsack und Verpflegung mitnehmen muss. Oben hat es einen grossen Container (6 Betten, Tisch, Stühle, meist etwas Rest-Proviant von Anderen).
Die Nacht war wohl die unruhigste, die ich je erlebt habe (Husten, Schnaufen, aufs WC, geschlafen hat wohl keiner von uns). Wir waren zwei Schweizer, zwei Österreicher und wir beiden Deutschen Wahlschweizer. Die beiden Schweizer waren schon auf dem Aconcagua und entsprechend erfahren, die beiden Österreicher waren schon mal am Ojos. Der eine musste mit Lungenödem aufgeben, der andere hatte es nicht bis oben geschafft. Sie waren wegen unerwartetem Schneefall schon die zweite Nacht im Tejos Lager und brannten auf den Aufstieg.

Aufstieg
Wecken um 04:00, weil die beiden Gruppen noch Tee kochen wollten und eine Stunde zum Abmarsch gebraucht haben! Wir beiden haben uns noch mal umgedreht und dann lange diskutiert, ob ich alleine starten soll. Meine Partnerin hatte schon ein paar Tage mit Erkältung zu kämpfen und Abends lag sie weinend mit Fieber im Bett und wir haben uns gegen ihren Aufstieg entschieden. Morgens ging es ihr aber besser und so haben wir es gewagt (hey sie ist Ärztin und weiss was sie tut...). Ich habe das gesamte Gepäck genommen und ihr geholfen, wo ging.
Status: -9 Grad und Wind (vielleicht 25km/h, also recht mässig für dortige Verhältnisse). Alles an, was man dabei hat. An den Fingern hatte ich nur meine geliebten Mamut-Handschuhe, die Kombination aus Finger und Fausthandschuh, so dass ich mit nackten Fingern Naseputzen kann (was man ständig muss), bzw die Nase einfach in den Handschuh wischen kann (urgh). Die Füsse sind ein Problem: Wir hatten nur normale Wanderstiefel an, die anderen gefütterte Schuhe. Das war ein bewusstes Gambling von uns, da wir nicht 4 Wochen die dicken Treter mit uns rumschleppen wollten, für die 3 Stunden Kälte. Ist nur bedingt aufgegangen der Plan...
Kälte war daher ein grosses Problem. Wir sind zunächst alle gemeinsam gestartet, wobei schnell klar war, dass die beiden anderen Gruppen recht unfit waren. Wir konnten nur 2 Höhenmeter/Minute machen. Das ist nicht nur sehr langsam, das heisst auch, dass wir keine Wärme produzieren und furchtbar gefrohren hatten. Nach 1 Stunde hatte der erste Österreicher bereits aufgegeben, die beiden Schweizer waren weit zurück gefallen, da ich einfach nicht mehr ertragen hatte, so langsam zu gehen.
Abmarsch war ja um 05:00, die Sonne kam so ab 6:30 langsam, aber wir waren erst ab 08:00! in der Sonne und bis dahin wirklich sehr durchgefrohren. Meine Partnerin wurde leider gar nicht mehr warm. Sie hat gar nicht mehr aufgehört zu zittern...
Die Schweizer hatten bereits aufgegeben und waren nicht mehr zu sehen, der eine Österreicher war sehr langsam aber stetig dabei und hatte uns wieder eingeholt.

Auf knapp 6800m erreicht man den Kraterboden und quert diesen am Rand. Man kommt dann an die ehemalige Kraterwand und hat hier noch einmal 90m leichte Kletterei (2Grad, Fixseile) zu überwinden. Das wäre eigentlich der Teil gewesen, auf den ich mich am meisten gefreut habe. Leider konnten wir aber den Einstieg nicht finden. Es hatte den Abend zuvor frisch geschneit. Nur 2-3 cm, gerade genug, um alles schlüpfrig zu machen und Wegspuren zu verdecken. So standen wir also vor dieser halbkreisförmigen Wand, hatten schon eine Idee, wo der Einstieg wohl sein müsste, aber gefunden haben wir ihn nicht. Dazu kam, dass der Wind deutlich aufgefrischt hat und dunkle Wolken aufzogen. Bei noch 3 Stunden Abstieg musste ich schliesslich die Vernunft walten lassen und absteigen. Was sind schon 90m mehr oder weniger? Trotzdem wurmt es natürlich :-)

Abstieg ins Basislager, Abfahrt zum Refugio und dann sind wir noch bis zur Laguna Santa Rossa (3800m, Platz für 6-8 Leute, keine Betten) abgefahren und haben dort die Nacht verbracht. Noch so eine traumhaft schöne Lagune, mitten in der Wüstenlandschaft. Flamingos, schöner Sonnenuntergang und Temperaturen wieder knapp über 0 Grad. Ein schöner Abschluss eines tollen Abenteuers. . .

Bern, 03.02.2010
Stephan Wiesner

Letzte Änderung: 12.03.2011, 14:42Aufrufe: 1211 mal angezeigt

Metadaten

Webcams

Chile: Ojos del Salado (Höchster Vulkan der Welt, 6893) (6893m)

Oberes Lager - Gipfel - Unteres Lager


Wanderung

1100 hm

Karte